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Medizinische Betreuung

Medizinische Betreuung in Haft in Österreich

Die medizinische Betreuung von Strafgefangenen und Untersuchungshäftlingen in Justizanstalten ist ein fundamentales Menschenrecht und ein wesentlicher Bestandteil einer menschenwürdigen Behandlung. Sie ist im österreichischen Strafvollzugsgesetz (StVG) detailliert geregelt und orientiert sich an den Standards der allgemeinen Gesundheitsversorgung.

I. Gesetzliche Grundlagen

Die zentralen Bestimmungen zur medizinischen Betreuung in Haft finden sich in den §§ 75 bis 80 StVG. Darüber hinaus sind internationale Menschenrechtsstandards, wie die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) (insbesondere Artikel 2 – Recht auf Leben und Artikel 3 – Verbot der Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung), relevant, da sie die Verpflichtung des Staates zum Schutz der Gesundheit und des Lebens von Personen in staatlichem Gewahrsam festschreiben.

II. Umfang und Qualität der medizinischen Betreuung

1. Grundsatz der Gleichwertigkeit

  • Gleichwertigkeit mit außerhalb der Anstalt: Die medizinische Betreuung in Haft muss grundsätzlich gleichwertig der Versorgung außerhalb der Anstalt sein. Dies bedeutet, dass Gefangene Zugang zu ärztlicher Versorgung, Medikamenten, zahnärztlichen Behandlungen und bei Bedarf auch zu fachärztlichen Leistungen und Krankenhausbehandlungen haben müssen.
  • Angebot: Die Justizanstalten müssen die notwendige ärztliche und pflegerische Versorgung bereitstellen oder deren Zugang organisieren.


2. Ärztliche Versorgung

  • Regelmäßige ärztliche Untersuchungen: Jeder Gefangene hat das Recht auf eine Eingangsuntersuchung bei Haftantritt und auf regelmäßige weitere Untersuchungen während der Haft, insbesondere bei Beschwerden.
  • Tägliche Sprechstunden: In größeren Justizanstalten finden in der Regel tägliche ärztliche Sprechstunden statt. Gefangene können sich bei Bedarf dafür anmelden.
  • Vertrauensarzt/Ärzteteam: Jede Anstalt verfügt über Anstaltsärzte oder kooperiert mit externen Ärzten, die für die medizinische Betreuung zuständig sind.


3. Medikamentenversorgung

  • Verschreibungspflicht: Medikamente werden ausschließlich auf ärztliche Anordnung und nach medizinischer Notwendigkeit verschrieben.
  • Ausgabe: Die Ausgabe erfolgt in der Regel unter Aufsicht, um Missbrauch oder Weitergabe zu verhindern. Selbstmedikation ist nur in Ausnahmefällen und unter Kontrolle gestattet.


4. Zahnärztliche Betreuung

Gefangene haben Anspruch auf die notwendige zahnärztliche Versorgung, sowohl bei akuten Beschwerden als auch für notwendige Behandlungen.

5. Fachärztliche Versorgung und Krankenhausbehandlung

Bei Bedarf haben Gefangene Anspruch auf die Konsultation von Fachärzten außerhalb der Anstalt oder auf eine Behandlung in einem externen Krankenhaus.

Der Transport zu externen medizinischen Einrichtungen erfolgt unter Bewachung. In Notfällen werden Gefangene unverzüglich in das nächstgelegene geeignete Krankenhaus gebracht.

6. Psychische und psychiatrische Betreuung

Die Behandlung von psychischen Erkrankungen und die psychologische Betreuung sind ebenfalls Teil der medizinischen Versorgung. In vielen Justizanstalten gibt es Psychologen und Psychiater oder Zugang zu deren Leistungen.

Bei schweren psychischen Erkrankungen kann dies bis zur Unterbringung in speziellen forensisch-therapeutischen Zentren führen (Maßnahmenvollzug).

7. Pflegepersonal

Qualifiziertes Pflegepersonal unterstützt die Ärzte und ist für die tägliche gesundheitliche Fürsorge, Medikamentenausgabe und Notfallversorgung zuständig.

III. Besondere Situationen

1. Suchterkrankungen

Gefangene mit Suchterkrankungen erhalten eine entsprechende medizinische Betreuung, einschließlich Entzugsbehandlung und Suchttherapie, falls notwendig und verfügbar.

2. Suizidprävention

Die Justizanstalten sind verpflichtet, Maßnahmen zur Suizidprävention zu ergreifen, insbesondere bei Gefangenen, die als suizidgefährdet gelten. Dazu gehören regelmäßige Beobachtungen und bei Bedarf die Unterbringung in besonderen Hafträumen oder die engere psychologische Betreuung.

3. Umgang mit ansteckenden Krankheiten

Bei ansteckenden Krankheiten werden die notwendigen hygienischen und medizinischen Maßnahmen ergriffen, um eine Ausbreitung zu verhindern und die betroffenen Gefangenen zu behandeln.

4. Eigenverantwortung und Kosten

Die Kosten für die medizinische Betreuung in Haft werden vom Staat getragen.

Gefangene sind verpflichtet, an der Erhaltung ihrer Gesundheit mitzuwirken und ärztlichen Anweisungen Folge zu leisten.

IV. Recht auf eigene Arztwahl (mit Einschränkungen)

Grundsätzlich besteht kein unbedingtes Recht auf freie Arztwahl während der Haft, da die Anstalt die primäre medizinische Versorgung sicherstellt.

In Ausnahmefällen und unter bestimmten Umständen kann jedoch die Konsultation eines privaten Arztes auf eigene Kosten gestattet werden, wenn dies die medizinische Versorgung nicht beeinträchtigt und die Sicherheit und Ordnung der Anstalt gewahrt bleibt. Die Entscheidung liegt im Ermessen der Anstaltsleitung.

V. Beschwerderecht

Gefangene, die mit der medizinischen Betreuung unzufrieden sind oder ihre Rechte verletzt sehen, haben verschiedene Beschwerdemöglichkeiten:

  • Beschwerde bei der Anstaltsleitung: Erster Ansprechpartner ist die Leitung der Justizanstalt.
  • Anrufung des Gerichts: Gegen Entscheidungen oder Unterlassungen der Anstaltsleitung kann das zuständige Gericht angerufen werden (Haft- und Maßnahmenvollzugsgericht).
  • Volksanwaltschaft: Die Volksanwaltschaft ist eine unabhängige Kontrollinstanz, die Beschwerden von Gefangenen prüft und Empfehlungen ausspricht.
  • Internationale Gremien: Bei schwerwiegenden Missständen können auch internationale Gremien wie der EGMR oder der Europäische Ausschuss zur Verhütung von Folter (CPT) angerufen werden.


VI. Gesetzliche Grundlagen (Auszug)

Strafvollzugsgesetz (StVG)

§ 75 StVG – Grundsatz der medizinischen Betreuung

(1) Den Verurteilten ist eine ihren Bedürfnissen entsprechende medizinische Betreuung einschließlich zahnärztlicher und pharmazeutischer Versorgung sowie Pflege angedeihen zu lassen.

(2) Die medizinische Betreuung hat den allgemein anerkannten medizinischen und wissenschaftlichen Erkenntnissen zu entsprechen und ist möglichst gleichwertig der Versorgung außerhalb der Anstalt zu gewährleisten.

§ 76 StVG – Ärztliche Untersuchung

(1) Jeder Verurteilte ist unverzüglich nach seinem Eintreffen in der Anstalt ärztlich zu untersuchen.

(2) Der Verurteilte hat Anspruch auf ärztliche Untersuchung und Behandlung, wenn er sich krank fühlt oder verletzt ist.

§ 77 StVG – Krankenbehandlung

(1) Kranke Verurteilte sind ihren Bedürfnissen entsprechend ärztlich zu behandeln und zu pflegen.

(2) Ist eine Behandlung in der Anstalt nicht möglich, so ist der Verurteilte in ein öffentliches Krankenhaus zu überführen. In dringenden Fällen ist dies unverzüglich zu veranlassen.

§ 78 StVG – Psychische Betreuung

(1) Den Verurteilten ist, soweit erforderlich, psychologische und psychotherapeutische Betreuung zu gewähren.

§ 79 StVG – Medikamente

(1) Medikamente sind nur auf ärztliche Anordnung zu verabreichen.

(2) Die Verabreichung von Medikamenten hat unter Aufsicht zu erfolgen.

§ 80 StVG – Zahnersatz und andere Hilfsmittel

(1) Der Verurteilte hat Anspruch auf kostenlosen Ersatz der für die Gesundheit unentbehrlichen Zahnprothesen und anderer körperlicher Hilfsmittel.


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