Help4Askaban

Help4Askaban

Menü

gelockerte Vollzug

Der gelockerte Vollzug in Österreich

Der gelockerte Vollzug ist eine spezifische Form der Haft in Justizanstalten, die eine Zwischenstufe zwischen dem Normalvollzug und den weitergehenden Vollzugslockerungen (wie Freigang oder Haftunterbrechung) darstellt. Sein Hauptziel ist es, Strafgefangene schrittweise an ein Leben in Freiheit heranzuführen, ihre Eigenverantwortung zu stärken und die Resozialisierung durch erhöhte Eigeninitiative und geringere Kontrolle zu fördern. Er ist in den §§ 110 ff. Strafvollzugsgesetz (StVG) geregelt.

I. Grundprinzip und Ziele des gelockerten Vollzugs

1. Grundsatz der Anpassung

Der gelockerte Vollzug basiert auf dem Gedanken, dass der Vollzug einer Freiheitsstrafe nicht starr und uniform sein sollte, sondern sich an die individuellen Fortschritte und die Persönlichkeit des Gefangenen anpassen muss. Er ist ein Instrument zur differenzierten Vollzugsgestaltung.

2. Förderung der Eigenverantwortung und Resozialisierung

Durch die Gewährung von mehr Freiheiten und die Reduktion von Kontrollen sollen die Gefangenen lernen, Eigenverantwortung zu übernehmen und sich auf ein straffreies Leben in der Gesellschaft vorzubereiten. Es geht darum, die Fähigkeit zur Selbstorganisation und zur Einhaltung von Regeln unter weniger restriktiven Bedingungen zu erproben.

3. Übergang zur Freiheit

Der gelockerte Vollzug dient als Übergangsphase von der strengen Anstaltsdisziplin zur vollständigen Freiheit. Er erleichtert den späteren Übergang zur bedingten Entlassung oder zum Strafende.

II. Formen des gelockerten Vollzugs

Das StVG unterscheidet zwischen verschiedenen Stufen des gelockerten Vollzugs, wobei der offene Vollzug die umfassendste Form darstellt.

1. Allgemeine Lockerungen

Bereits im Normalvollzug können, je nach Verhalten und Fortschritt des Gefangenen, gewisse Erleichterungen gewährt werden, die den Alltag humaner gestalten und die Eigeninitiative fördern. Diese sind jedoch noch keine spezifischen Formen des gelockerten Vollzugs im Sinne der folgenden Punkte.

2. Halb-offener Vollzug

Im halb-offenen Vollzug genießen Gefangene bereits erweiterte Freiheiten innerhalb der Anstalt oder in einem gesonderten Anstaltsteil:

  • Weniger Kontrolle: Weniger strenge Überwachung durch Justizwachebeamte.
  • Eigengestaltung: Mehr Möglichkeiten zur Eigengestaltung des Tagesablaufs, z.B. bei der Wahl der Freizeitaktivitäten.
  • Arbeit: Gegebenenfalls erweiterte Möglichkeiten zur Anstaltsarbeit oder zur Teilnahme an Ausbildungsmaßnahmen innerhalb der Anstalt.
  • Außenkontakte: Erleichterter Zugang zu Außenkontakten (Besuche, Telefonate).


3. Offener Vollzug (§ 110 StVG)

Der offene Vollzug ist die weitreichendste Form des gelockerten Vollzugs und die intensivste Vorbereitung auf die Entlassung. Er findet oft in speziellen, weniger gesicherten Anstalten oder Abteilungen statt.

  • Geringe Sicherheitsmaßnahmen: In Anstalten des offenen Vollzugs gibt es keine oder nur geringe äußere Sicherheitsmaßnahmen (keine oder nur niedrige Mauern, unverschlossene Hafträume in bestimmten Bereichen).
  • Vertrauen: Der Vollzug basiert weitgehend auf Vertrauen in die Eigenverantwortung des Gefangenen.
  • Arbeit und Ausbildung außerhalb der Anstalt (Freigang): Dies ist das Kernmerkmal des offenen Vollzugs. Gefangene dürfen tagsüber die Anstalt unbewacht verlassen, um einer externen Arbeitstätigkeit oder Ausbildung nachzugehen. Sie kehren abends in die Anstalt zurück.
  • Geringere Kontrolle: Die Kontrolle ist auf das zur Sicherung der Rückkehr und der Einhaltung der Auflagen notwendige Mindestmaß beschränkt.


III. Voraussetzungen für den gelockerten Vollzug

Die Gewährung des gelockerten Vollzugs ist eine Ermessensentscheidung der Anstaltsleitung und an strikte Bedingungen geknüpft.

1. Persönliche Eignung und Prognose

  • Gute Führung: Der Gefangene muss sich über einen längeren Zeitraum im Normalvollzug bewährt haben (gutes Verhalten, keine Disziplinarverstöße).
  • Keine Fluchtgefahr: Es darf keine Fluchtgefahr bestehen. Die Anstalt muss davon ausgehen, dass der Gefangene zuverlässig zurückkehren wird.
  • Keine Gefahr weiterer Straftaten: Es darf keine Gefahr bestehen, dass der Gefangene im gelockerten Vollzug weitere strafbare Handlungen begehen wird.
  • Mitarbeit an der Resozialisierung: Der Gefangene muss aktiv an seiner Resozialisierung mitarbeiten und die Bereitschaft zur Eigenverantwortung zeigen.


2. Verbüßte Haftzeit

Der gelockerte Vollzug wird in der Regel erst nach Verbüßung eines erheblichen Teils der Strafe gewährt, da er eine weit fortgeschrittene Resozialisierung und eine positive Prognose erfordert. Er ist oft eine Vorstufe zur bedingten Entlassung.

Für den offenen Vollzug ist in der Regel eine Mindestvollzugsdauer oder ein bestimmter Reststraftermin erforderlich.

3. Ausschluss bestimmter Gefangenengruppen

Personen, die wegen besonders schwerer Delikte (z.B. Mord, schwere Sexualverbrechen) oder wegen wiederholter Fluchtversuche verurteilt wurden, sind in der Regel vom gelockerten Vollzug ausgeschlossen. Hier überwiegt das Sicherheitsinteresse.

IV. Auswirkungen und Vorteile

  • Erhöhte Motivation: Die Aussicht auf gelockerten Vollzug motiviert Gefangene zu gutem Verhalten und zur Mitarbeit.
  • Praktische Entlassungsvorbereitung: Insbesondere der offene Vollzug ermöglicht eine realitätsnahe Erprobung in der Arbeitswelt und im sozialen Umfeld.
  • Reduzierung von Vollzugsschäden: Die Isolation und Entfremdung vom Leben in Freiheit werden reduziert.
  • Kostenersparnis: Offene Anstalten sind oft kostengünstiger zu betreiben als Hochsicherheitsanstalten.


V. Beendigung und Widerruf

  • Nicht-Bewährung: Zeigt ein Gefangener im gelockerten Vollzug nicht die erwartete Bewährung (z.B. Disziplinarverstoß, Nichteinhaltung von Regeln), kann er in den Normalvollzug zurückverlegt werden.
  • Widerruf: Bei schwerwiegenden Verstößen (z.B. Fluchtversuch, Begehung einer Straftat) wird der gelockerte Vollzug sofort widerrufen.


VI. Gesetzliche Grundlagen (Auszug)

Strafvollzugsgesetz (StVG)

§ 110 StVG – Offener Vollzug

(1) Im offenen Vollzug werden Verurteilte in Anstalten oder Abteilungen untergebracht, die durch fehlende oder geringere äußere Sicherung gekennzeichnet sind.

(2) Verurteilte im offenen Vollzug dürfen die Anstalt tagsüber zur Ausübung einer Arbeit, einer Ausbildung oder zu anderen Zwecken, die ihrer Wiedereingliederung dienen, unbewacht verlassen.

§ 111 StVG – Voraussetzungen für den offenen Vollzug

(1) In den offenen Vollzug dürfen Verurteilte nur eingewiesen werden, wenn

1. nach ihrem bisherigen Verhalten im Vollzug und ihrer Persönlichkeit keine Fluchtgefahr und keine Gefahr der Begehung weiterer strafbarer Handlungen besteht,

2. sie der Wiedereingliederung in die Gesellschaft dienen und

3. die Strafzeit bereits soweit fortgeschritten ist, dass der offene Vollzug einen sinnvollen Schritt zur Vorbereitung auf die Entlassung darstellt.

(2) Ausgeschlossen sind Verurteilte, die wegen bestimmter schwerer Straftaten (z.B. Mord, schwere Sexualdelikte) verurteilt wurden, sofern nicht besondere Umstände vorliegen.

§ 112 StVG – Halb-offener Vollzug

(1) Der halb-offene Vollzug ist eine Zwischenform zwischen dem Normalvollzug und dem offenen Vollzug.

(2) Im halb-offenen Vollzug genießen Verurteilte erweiterte Freiheiten innerhalb der Anstalt oder in einem besonders gesicherten Anstaltsteil.

§ 113 StVG – Beendigung des gelockerten Vollzugs

(1) Der gelockerte Vollzug ist zu beenden, wenn die Voraussetzungen für seine Fortsetzung wegfallen oder der Verurteilte sich nicht bewährt.

(2) Bei groben Verstößen oder Begehung einer strafbaren Handlung ist der gelockerte Vollzug unverzüglich zu beenden und der Verurteilte in den Normalvollzug zurückzuverlegen.


MisterX
Cookie-Einstellungen
X
Diese Website verwendet Cookies, um dir ein besseres Surferlebnis zu bieten.
Du kannst sie alle akzeptieren oder die Arten von Cookies auswählen, die du gerne zulässt.
Datenschutzeinstellungen
Wähle aus, welche Cookies du zulassen möchtest, während du auf dieser Website surfst. Bitte beachte, dass einige Cookies nicht deaktiviert werden können, da die Website ohne sie nicht funktionieren würde.
Notwendig
Um Spam zu verhindern, verwendet diese Website Google Recaptcha in deinen Kontaktformularen.

Diese Website kann auch Cookies für E-Commerce- und Zahlungssysteme verwenden, die für das ordnungsgemäße Funktionieren der Website unerlässlich sind.
Google-Dienste
Diese Website verwendet Cookies von Google, um auf Daten wie die von dir besuchten Seiten und deine IP-Adresse zuzugreifen. Zu den Google-Diensten auf dieser Website können gehören:

- Google Maps
Datengesteuert
Diese Website kann Cookies verwenden, um das Besucherverhalten aufzuzeichnen, Anzeigenkonvertierungen zu überwachen und Zielgruppen zu erstellen, unter anderem aus:

- Google Analytics
- Google Ads Conversion-Tracking
- Facebook (Meta-Pixel)