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Berufung

Die Berufung im österreichischen Recht

Die Berufung ist ein ordentliches Rechtsmittel, das gegen Urteile der ersten Instanz eingelegt werden kann. Sie ermöglicht eine Überprüfung der erstinstanzlichen Entscheidung sowohl in rechtlicher als auch in tatsächlicher Hinsicht.


Berufung im Zivilprozessrecht (ZPO)

Die relevanten Bestimmungen zur Berufung finden sich hauptsächlich in den §§ 461 bis 501 ZPO.

1. Gegen wen kann Berufung eingelegt werden?

 * Gegen Urteile der ersten Instanz (§ 461 ZPO).

2. Berufungsgründe (§ 465 ZPO):

Die Berufung kann auf folgende Gründe gestützt werden:

 * Nichtigkeit (absolute Verfahrensfehler) – z.B. wenn das Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war, der Beklagte nicht gehörig geladen war oder das Urteil nicht unterschrieben ist (§ 477 Abs 1 ZPO).

 * Mangelhaftigkeit des Verfahrens – z.B. wenn das Erstgericht nicht alle notwendigen Beweise aufgenommen hat oder erhebliche Verfahrensvorschriften verletzt wurden, die eine unrichtige Entscheidung zur Folge haben können (§ 496 Abs 1 ZPO).

 * Unrichtige Tatsachenfeststellung (Beweisrüge) – z.B. wenn das Gericht die Beweise falsch gewürdigt hat und dadurch der Sachverhalt unrichtig festgestellt wurde (§ 496 Abs 1 ZPO).

 * Unrichtige rechtliche Beurteilung (Rechtsrüge) – z.B. wenn das Gericht das anzuwendende Gesetz falsch ausgelegt oder angewendet hat (§ 496 Abs 1 ZPO).

3. Berufungsfrist und -form (§ 464 ZPO):

 * Die Berufung ist innerhalb einer Frist von vier Wochen ab Zustellung des erstinstanzlichen Urteils beim Erstgericht einzubringen.

 * Sie muss einen Berufungsantrag (was erreicht werden soll – z.B. Abänderung, Aufhebung) und eine Berufungsbegründung enthalten, in der die Berufungsgründe detailliert ausgeführt werden.

4. Novationsverbot (Neue Tatsachen und Beweismittel) (§ 482 ZPO):

 * Grundsätzlich dürfen im Berufungsverfahren keine neuen Tatsachen oder Beweismittel vorgebracht werden, die bereits im erstinstanzlichen Verfahren vorgebracht hätten werden können (sog. Novationsverbot). Es gibt enge Ausnahmen, z.B. wenn der Partei die Geltendmachung in erster Instanz unverschuldet unmöglich war.

5. Entscheidungsmöglichkeiten des Berufungsgerichts:

 * Bestätigung des Urteils (§ 496 Abs 1 ZPO): Wenn das Berufungsgericht keine relevanten Fehler findet, weist es die Berufung ab.

 * Abänderung des Urteils (§ 496 Abs 1 ZPO): Wenn der Sachverhalt ausreichend geklärt ist und das Berufungsgericht zu einer anderen rechtlichen Beurteilung kommt oder die Tatsachen anders würdigt, kann es das Urteil selbst abändern.

 * Aufhebung und Zurückverweisung (§ 496 Abs 3 ZPO, § 499 ZPO): Bei Nichtigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens oder wenn eine umfassende neue Beweisaufnahme notwendig wäre und das Erstgericht wesentliche Fehler begangen hat, kann das Berufungsgericht das Urteil aufheben und die Sache zur neuerlichen Verhandlung an das Erstgericht zurückverweisen.

II. Berufung im Strafprozessrecht (StPO)

Die Regelungen zur Berufung im Strafverfahren sind in den §§ 281 bis 296 StPO zu finden. Hier ist die Berufung oft mit einer Nichtigkeitsbeschwerde verbunden, da beide Rechtsmittel gegen Urteile des Schöffen- oder Geschworenengerichts bzw. der Einzelrichter bei den Landesgerichten möglich sind.

1. Gegen wen kann Berufung eingelegt werden?

 * Gegen Urteile der ersten Instanz (§ 281 StPO).

2. Berufungsgründe (§ 281 Abs 1 Z 1-11 StPO):

Die Berufung kann sich richten gegen:

 * Den Schuldspruch (Z 1): wenn die Schuldfrage nicht richtig beurteilt wurde (Tatsachenfeststellung oder Beweiswürdigung).

 * Das Strafmaß (Z 10): wenn die verhängte Strafe zu hoch oder zu niedrig ist.

 * Die Behandlung nach § 21 StGB (Maßnahmenvollzug) (Z 11).

 * Weiters gibt es spezielle Gründe wie die unrichtige Anwendung von Entschädigungsbestimmungen.

Oft wird die Berufung mit einer Nichtigkeitsbeschwerde kombiniert, die absolute und relative Nichtigkeitsgründe (Verfahrensfehler) betrifft (§ 281 Abs 1 Z 1-9 StPO).

3. Berufungsfrist und -form (§ 284 StPO):

 * Die Berufung (und Nichtigkeitsbeschwerde) ist innerhalb von drei Tagen nach der Verkündung des Urteils anzumelden und innerhalb von vier Wochen nach Zustellung der Urteilsausfertigung schriftlich beim Erstgericht auszuführen und zu begründen.

 * Die Berufung muss die Gründe und einen Berufungsantrag enthalten.

4. Verschlechterungsverbot (reformatio in peius) (§ 285g StPO):

 * Wichtig ist, dass das Berufungsgericht das Urteil zu Ungunsten des Angeklagten in der Regel nicht abändern darf, wenn nur der Angeklagte (oder die zu seinen Gunsten eingelegte Berufung) Rechtsmittel erhoben hat.

5. Entscheidungsmöglichkeiten des Berufungsgerichts:

 * Bestätigung des Urteils (§ 285i Abs 1 StPO): Bei unbegründeter Berufung.

 * Abänderung des Urteils (§ 285i Abs 2 StPO): Das Berufungsgericht kann das Urteil abändern, wenn der festgestellte Sachverhalt dies zulässt (z.B. Strafmaßänderung).

 * Aufhebung und Zurückverweisung (§ 285i Abs 2 StPO): Bei gravierenden Mängeln kann das Urteil aufgehoben und die Sache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen werden. Dies geschieht oft, wenn die Nichtigkeitsbeschwerde erfolgreich war.

 * Das Berufungsgericht kann auch selbst in der Sache entscheiden, wenn die Tatsachenfeststellungen ausreichend sind und der Fall einer Entscheidung durch das Berufungsgericht zugänglich ist.

Fazit:

Die Berufung dient der Fehlerkontrolle und der Gewährleistung eines fairen Verfahrens. Sie ermöglicht eine umfassende Überprüfung der erstinstanzlichen Entscheidung und spielt eine entscheidende Rolle im Instanzenzug. Die konkreten Möglichkeiten und Grenzen unterscheiden sich jedoch maßgeblich zwischen Zivil- und Strafverfahren.

Volltext der angeführten Paragraphen

§ 461 ZPO (Zivilprozessordnung) - Zulässigkeit der Berufung

(1) Gegen Urteile der ersten Instanz ist die Berufung zulässig, soweit das Gesetz nicht anderes bestimmt.

(2) Urteile der Gerichtshöfe erster Instanz, durch die über das Bestehen oder Nichtbestehen einer Ehescheidungsklage (§ 476) abgesprochen wird, sind nicht mit Berufung anfechtbar.

§ 464 ZPO (Zivilprozessordnung) - Form und Frist der Berufung

(1) Die Berufung ist binnen vier Wochen bei dem Gericht, dessen Urteil angefochten wird, schriftlich einzubringen.

(2) Die Frist beginnt mit der Zustellung der schriftlichen Ausfertigung des Urteils zu laufen.

(3) Die Berufung muss einen bestimmten Antrag und eine Begründung enthalten.

§ 465 ZPO (Zivilprozessordnung) - Berufungsgründe

Die Berufung kann darauf gestützt werden, daß

 * die Nichtigkeit des Verfahrens gegeben ist;

 * ein Verfahrensmangel vorliegt;

 * die Feststellung des Sachverhaltes unrichtig ist;

 * die rechtliche Beurteilung unrichtig ist.

§ 477 ZPO (Zivilprozessordnung) - Nichtigkeit

(1) Eine Nichtigkeit liegt vor, wenn

 * das Gericht mit gesetzlich ausgeschlossenen Richtern besetzt war;

 * an der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung seines Amtes ausgeschlossen war oder wegen Befangenheit von der Partei mit Erfolg abgelehnt worden ist;

 * eine Partei, die nicht prozessfähig oder nicht gehörig vertreten war, im Verfahren nicht ordnungsgemäß vertreten wurde;

 * einer Partei durch das erstinstanzliche Verfahren ihr rechtliches Gehör entzogen wurde;

 * das Urteil nicht öffentlich verkündet wurde;

 * die Vorschriften über die Zustellung der Klage verletzt wurden oder die Klage nicht durch Beschluss zugelassen wurde, obwohl dies erforderlich war.

   (2) Andere als im Abs. 1 angeführte Nichtigkeitsgründe können im Berufungsverfahren nicht geltend gemacht werden.

§ 482 ZPO (Zivilprozessordnung) - Novenverbot

(1) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel, insbesondere neue Beweismittel, sind im Berufungsverfahren nur dann zulässig, wenn sie in erster Instanz ohne Verschulden der Partei nicht vorgebracht werden konnten.

(2) Abs. 1 gilt auch für Einwendungen gegen die Zulässigkeit des Rechtsweges.

§ 496 ZPO (Zivilprozessordnung) - Entscheidung des Berufungsgerichts

(1) Das Berufungsgericht hat, wenn es die Berufung für begründet erachtet, das angefochtene Urteil abzuändern oder, wenn eine umfassende Beweisaufnahme erforderlich ist und die Mängel im Verfahren erster Instanz erhebliche Verfahrensvorschriften betreffen, aufzuheben und die Sache an das Gericht erster Instanz zurückzuverweisen.

(2) Findet das Berufungsgericht die Berufung nicht für begründet, so ist sie abzuweisen.

(3) Im Falle der Aufhebung kann das Gericht erster Instanz angewiesen werden, die Sache mit bestimmten Erwägungen neuerlich zu verhandeln und zu entscheiden.

§ 499 ZPO (Zivilprozessordnung) - Aufhebung bei Nichtigkeit

Ist das angefochtene Urteil nichtig, so ist es aufzuheben und die Sache an das Gericht erster Instanz zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.

§ 281 StPO (Strafprozessordnung) - Zulässigkeit der Nichtigkeitsbeschwerde und der Berufung

(1) Gegen Urteile der Landesgerichte als Schöffen- oder Geschworenengerichte sowie der Einzelrichter bei den Landesgerichten kann wegen der im folgenden bezeichneten Nichtigkeitsgründe Nichtigkeitsbeschwerde, wegen des Schuldspruchs und der Strafe oder wegen der Unterbringung gemäß § 21 StGB Berufung erhoben werden:

 * wenn über einen Gegenstand abgesprochen wurde, über den das Gericht nicht zu erkennen hatte, oder wenn das Gericht in derselben Strafsache über denselben Gegenstand abermals erkannt hat;

 * wenn der Richter mit gesetzlich ausgeschlossenen oder mit Erfolg abgelehnten Richtern besetzt war;

 * wenn die Vorschriften über die Öffentlichkeit der Verhandlung verletzt wurden;

   ... (weitere Gründe bis Z 9 für Nichtigkeitsbeschwerde)

 * wenn die Strafe unrichtig bemessen oder die anzuwendende Strafbestimmung unrichtig angewendet wurde;

 * wenn die Unterbringung gemäß § 21 StGB unrichtig ausgesprochen oder unterlassen wurde.

   ... (weitere Gründe)

§ 284 StPO (Strafprozessordnung) - Frist und Form der Nichtigkeitsbeschwerde und der Berufung

(1) Die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung sind binnen drei Tagen nach der Verkündung des Urteils bei dem Gericht, dessen Urteil angefochten wird, anzumelden.

(2) Die schriftliche Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde und der Berufung hat binnen vier Wochen nach Zustellung der schriftlichen Ausfertigung des Urteils zu erfolgen.

(3) Die Ausführung muss die gesetzlichen Gründe, aus denen das Urteil angefochten wird, genau bezeichnen und einen bestimmten Antrag enthalten.

§ 285g StPO (Strafprozessordnung) - Verschlechterungsverbot

Wird das Urteil nur zugunsten des Angeklagten angefochten, so darf es von dem Rechtsmittelgericht weder dem Schuldspruch noch dem Strafausmaß nach zu seinem Nachteil abgeändert werden.

§ 285i StPO (Strafprozessordnung) - Entscheidung über die Berufung

(1) Findet das Rechtsmittelgericht die Berufung nicht für begründet, so ist sie abzuweisen.

(2) Findet das Rechtsmittelgericht die Berufung für begründet, so ist das Urteil abzuändern oder, wenn dies nicht möglich ist, aufzuheben und die Sache an das Gericht erster Instanz zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.

§ 21 StGB (Strafgesetzbuch) - Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher

(1) Begeht jemand eine mit Strafe bedrohte Handlung, ist aber wegen einer Geisteskrankheit oder einer schweren geistigen oder seelischen Abartigkeit unfähig, das Unrecht seiner Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, und ist daher nicht schuldfähig, so hat ihn das Gericht, wenn wegen seiner Gefährlichkeit für die Allgemeinheit mit der Begehung einer weiteren mit Strafe bedrohten Handlung zu rechnen ist, in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher unterzubringen.

(2) [...] (Regelungen zur Dauer und Entlassung)


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