Freizeit
Möglichkeiten der Freizeitgestaltung außerhalb des Sports in Haft in Österreich
Neben Arbeit, Ausbildung und (Religonsfreiheit) ist eine sinnvolle und strukturierte Freizeitgestaltung ein entscheidender Faktor für das psychische Wohlbefinden von Strafgefangenen und die Förderung ihrer Resozialisierung. Sie dient dazu, Langeweile und Isolation entgegenzuwirken, soziale Kompetenzen zu fördern und neue Perspektiven zu eröffnen. Die Gestaltung dieser Angebote ist in den §§ 64 und 65 des Strafvollzugsgesetzes (StVG) geregelt.
I. Ziele der Freizeitgestaltung
- Abbau von Langeweile und Monotonie: Die Haft ist oft von einem Mangel an Beschäftigung geprägt. Freizeitangebote wirken dem entgegen.
- Förderung der psychischen Gesundheit: Beschäftigung und Kreativität können Depressionen, Angstzuständen und Aggressionen entgegenwirken.
- Entwicklung sozialer Kompetenzen: Gruppenaktivitäten fördern Teamwork, Kommunikation und den respektvollen Umgang miteinander.
- Erwerb neuer Fähigkeiten und Interessen: Gefangene können neue Hobbys entdecken oder Fertigkeiten erlernen, die ihnen nach der Entlassung nützen.
- Stärkung der Resozialisierung: Eine sinnvolle Freizeitgestaltung kann zur Stabilisierung der Persönlichkeit beitragen und positive Verhaltensmuster fördern.
- Strukturierung des Tagesablaufs: Freizeitaktivitäten geben dem Tag eine wichtige Struktur abseits des Arbeits- oder Ausbildungsalltags.
II. Angebote der Justizanstalten (außer Sport)
Die konkreten Angebote können je nach Größe und Ausstattung der Justizanstalt variieren, umfassen aber in der Regel folgende Bereiche:
1. Kulturelle und kreative Angebote
- Bastel- und Handarbeitsgruppen: Anfertigung von Schmuck, kleinen Kunstgegenständen, Näharbeiten, Holzarbeiten etc.
- Malen und Zeichnen: Kreativer Ausdruck und Förderung feinmotorischer Fähigkeiten.
- Musikkurse: Erlernen von Instrumenten (sofern möglich), gemeinsames Musizieren.
- Schreibwerkstätten: Verfassen von Texten, Gedichten oder Geschichten, oft auch als Form der Aufarbeitung.
- Anstaltsbüchereien: Zugang zu Büchern, Zeitschriften und Zeitungen ist in fast allen Anstalten Standard. Das Lesen ist eine der wichtigsten und am häufigsten genutzten Freizeitbeschäftigungen.
- Bildungsangebote: Kurse zu allgemeinen Bildungsthemen (Geschichte, Sprachen), Vorträge oder Diskussionsrunden.
- Schach und andere Denkspiele: Förderung kognitiver Fähigkeiten.
2. Soziale und gemeinschaftliche Aktivitäten
- Brett- und Kartenspiele: In Gemeinschaftsräumen oder auch in den Hafträumen.
- Gemeinschaftliche Fernsehabende: In dafür vorgesehenen Gemeinschaftsräumen.
- Filme und Videoprogramme: Angebot von Filmen auf Anstaltsfernsehern oder über interne Mediensysteme.
- Diskussionsgruppen: Austausch über bestimmte Themen, oft unter Anleitung von Sozialarbeitern oder Psychologen.
- Spezifische Gruppen: Z.B. Sucht-Selbsthilfegruppen (AA, NA), Anti-Gewalt-Gesprächsgruppen.
Manche Anstalten ermöglichen Projekte, bei denen Gefangene gemeinsam etwas gestalten oder sich für einen guten Zweck engagieren.
3. Religiöse Angebote
- Gottesdienste und Seelsorge: Gefangene können an Gottesdiensten ihrer Konfession teilnehmen und Seelsorger empfangen (§ 66 StVG). Dies ist eine wichtige Form der geistigen und sozialen Betreuung.
- Religiöse Gesprächskreise: Austausch über Glaubensfragen.
III. Durchführung und Rahmenbedingungen
- Beaufsichtigung: Freizeitaktivitäten außerhalb des Haftraums finden in der Regel unter Aufsicht von Justizwachebeamten statt.
- Teilnahme: Die Teilnahme an Freizeitaktivitäten ist freiwillig, wird aber von den Justizanstalten aktiv gefördert.
- Verhalten: Die Teilnahme ist an gutes Verhalten geknüpft. Bei Disziplinarverstößen können Gefangene von Angeboten ausgeschlossen werden.
- Eigene Initiative: Gefangene können auch eigene Vorschläge für Freizeitaktivitäten einbringen, die dann geprüft werden.
- Kosten: Die meisten Angebote sind kostenlos. Für Materialien bei Bastelarbeiten oder Ähnlichem können geringe Kostenbeiträge anfallen oder Gefangene können Material selbst erwerben.
IV. Bedeutung für die Resozialisierung
Eine vielfältige Freizeitgestaltung ist nicht nur Zeitvertreib, sondern trägt maßgeblich zur Entwicklung prosozialen Verhaltens bei. Gefangene lernen, ihre Zeit sinnvoll zu nutzen, Interessen zu verfolgen und sich in Gruppen zu integrieren. Diese Fähigkeiten sind essenziell für ein straffreies Leben nach der Entlassung und mindern das Risiko von Rückfällen, die oft auch aus Langeweile und Perspektivlosigkeit entstehen.
V. Gesetzliche Grundlagen (Auszug)
Strafvollzugsgesetz (StVG)
§ 64 StVG – Freizeitgestaltung
(1) Den Verurteilten ist eine ihrer körperlichen und geistigen Verfassung sowie ihren Fähigkeiten entsprechende sinnvolle Freizeitgestaltung zu ermöglichen.
(2) Die Freizeitgestaltung hat insbesondere der körperlichen Ertüchtigung, der geistigen Anregung und der Pflege sozialer Kontakte zu dienen.
(3) Dabei ist auch auf die unterschiedlichen Neigungen und Interessen der Verurteilten Bedacht zu nehmen.
§ 65 StVG – Förderung der Kreativität und Bildung
(1) Die Anstalt hat die Verurteilten bei der Pflege ihrer künstlerischen, musischen und geistigen Interessen zu unterstützen.
(2) Hierzu sind, soweit die Möglichkeiten der Anstalt es zulassen, entsprechende Angebote zu machen, wie insbesondere der Zugang zu Büchereien, Bildungsveranstaltungen und kreativen Tätigkeiten.