Haftunterbrechung
Regelung der Haftunterbrechung
In diesem Abschnitt behandle ich das Thema Haftunterbrechung. Das unterscheidet sich vom Freigang insofern, dass die Tage der Haftunterbrechung am Ende der Strafe angehängt werden.
I. Haftunterbrechung im österreichischen Strafvollzug (§ 104 StVG)
Die Haftunterbrechung ist eine weitere Form der Vollzugslockerung, die es einem Strafgefangenen ermöglicht, die Haftanstalt für eine bestimmte Zeit ohne Bewachung und Begleitung zu verlassen. Sie stellt eine noch intensivere Lockerung als der Freigang dar und ist an strengere Voraussetzungen geknüpft.
Im österreichischen Recht wird die Haftunterbrechung auch als "Ausgang" im weiteren Sinne verstanden, ist aber als eigene Kategorie im Gesetz verankert.
1. Wann und unter welchen Umständen?
Die Haftunterbrechung ist nur in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen zulässig und dient der Förderung der Wiedereingliederung oder der Erledigung dringender persönlicher Angelegenheiten.
Typische Gründe sind
- Unaufschiebbare persönliche Angelegenheiten: Schwere Erkrankung oder Tod eines nahen Angehörigen: Dies ist der häufigste Grund für eine Haftunterbrechung, um beispielsweise einen letzten Besuch zu ermöglichen oder an einer Beerdigung teilzunehmen.
- Dringende Familienangelegenheiten: Z.B. Geburt eines Kindes, schwere Eheprobleme, die eine persönliche Klärung erfordern.
- Existenzsicherung: Maßnahmen, die der Sicherung der Existenzgrundlage nach der Entlassung dienen (z.B. Vertragsunterzeichnungen, Wohnungsübergaben, die persönlich erledigt werden müssen).
- Förderung der Resozialisierung (Entlassungsvorbereitung)
- Vorbereitung auf die Entlassung: Intensivere und längere Erprobung im freien Leben als dies durch Freigang möglich wäre, um die soziale Wiedereingliederung zu testen und zu festigen. Dies setzt voraus, dass der Gefangene kurz vor der bedingten Entlassung steht oder eine solche in Aussicht ist.
- Therapeutische Zwecke: Teilnahme an spezifischen Therapiemaßnahmen außerhalb der Anstalt, die nicht anders durchgeführt werden können.
2. Voraussetzungen (sehr streng)
Die Gewährung einer Haftunterbrechung erfordert eine besonders positive Prognose und strikte Einhaltung folgender Kriterien:
- Besondere Bewährung im Vollzug: Der Gefangene muss sich im Vollzug ganz besonders bewährt haben. Das bedeutet über längere Zeit hinweg ein vorbildliches Verhalten, aktive Mitarbeit an der eigenen Resozialisierung und keine Disziplinarverstöße.
- Keine Fluchtgefahr: Es muss absolut gesichert sein, dass der Gefangene freiwillig in die Anstalt zurückkehren wird.
- Keine Gefahr weiterer Straftaten: Es darf keinerlei Anhaltspunkte dafür geben, dass der Gefangene während der Unterbrechung eine Straftat begehen könnte.
- Keine sonstigen Bedenken: Es dürfen keine weiteren Gründe vorliegen, die der Haftunterbrechung entgegenstehen (z.B. öffentliche Sicherheit, Unruhe in der Anstalt, negative öffentliche Stimmung, wenn der Fall besonders brisant war).
- Dringendes Bedürfnis: Der Grund für die Unterbrechung muss wirklich gewichtig und unaufschiebbar sein und darf nicht anders gelöst werden können.
3. Haftzeit und Dauer der Unterbrechung
- Haftzeit: Haftunterbrechungen werden in der Regel erst gegen Ende der Haftzeit und nach Verbüßung eines wesentlichen Teils der Strafe gewährt. Sie dienen oft als letzter Schritt vor einer möglichen bedingten Entlassung, um die Wiedereingliederung unter realistischen Bedingungen zu erproben. Der Verurteilte muss bereits eine hohe Stufe der Resozialisierung erreicht haben.
- Dauer: Die Dauer einer Haftunterbrechung ist begrenzt und muss dem Zweck angepasst sein. Sie beträgt in der Regel nur wenige Tage, kann aber in Ausnahmefällen und bei besonderer Notwendigkeit auch länger sein. Das Gesetz spricht von "begrenzter Zeit".
4. Rechtliche Grundlage
§ 104 Strafvollzugsgesetz (StVG)
5. Zuständigkeit und Verfahre
- Die Entscheidung über eine Haftunterbrechung trifft der Leiter der Justizanstalt auf Antrag des Gefangenen oder von Amts wegen.
- Die Entscheidung ergeht nach sorgfältiger Prüfung aller Umstände und einer positiven Prognose.
- Auch hier können Auflagen erteilt werden (z.B. Meldepflichten, Kontaktverbote, Alkoholabstinenz).
- Eine gewährte Haftunterbrechung kann bei Nichteinhaltung der Auflagen oder bei Änderung der Voraussetzungen jederzeit widerrufen werden, und der Gefangene muss unverzüglich in die Anstalt zurückkehren.
II. Volltext des referenzierten Paragraphen
§ 104 StVG (Strafvollzugsgesetz) – Haftunterbrechung
(1) Dem Verurteilten kann, wenn sich seine Gefährlichkeit für die Allgemeinheit durch die bisherige Vollzugszeit, durch sein Verhalten im Vollzug und durch seine Persönlichkeit abgeklungen hat, eine Haftunterbrechung für eine begrenzte Zeit bewilligt werden, wenn dies aus besonders berücksichtigungswürdigen Gründen, insbesondere zur Erledigung unaufschiebbarer persönlicher Angelegenheiten oder zur Förderung der Wiedereingliederung in die Gesellschaft, notwendig ist.
(2) Eine Haftunterbrechung darf nur bewilligt werden, wenn keine Fluchtgefahr und keine Gefahr einer Straftat besteht und der Verurteilte sich im Vollzug besonders bewährt hat.
(3) § 100 Abs. 3 gilt sinngemäß.