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Maßnahmenvollzug

Der Maßnahmenvollzug in Österreich

Der Maßnahmenvollzug ist ein spezieller Teil des österreichischen Strafrechts, der nicht der Bestrafung einer begangenen Tat dient, sondern dem Schutz der Allgemeinheit vor gefährlichen Straftätern, die aufgrund ihres psychischen Zustands, einer Suchterkrankung oder ihrer wiederholten Delinquenz eine erhebliche Gefahr darstellen. Die Unterbringung erfolgt in speziellen Anstalten und ist nicht zeitlich befristet, sondern hängt vom Fortbestehen der Gefährlichkeit ab.

I. Gesetzliche Grundlagen

Die Anordnung des Maßnahmenvollzugs ist in den §§ 21 bis 23 Strafgesetzbuch (StGB) geregelt. Der Vollzug dieser Maßnahmen ist im Maßnahmenvollzugsgesetz (MVollzG) detailliert ausgeführt.

II. Arten des Maßnahmenvollzugs und ihre Voraussetzungen

Das StGB unterscheidet drei Hauptarten des Maßnahmenvollzugs, die sich in ihren Voraussetzungen und Zielgruppen unterscheiden:

1. Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher (§ 21 StGB)

  • Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung, die mit mehr als einem Jahr Freiheitsstrafe bedroht ist.
  • Die Tat wurde im Zustand einer geistigen oder seelischen Abartigkeit höheren Grades (z.B. schwere psychische Krankheit, Persönlichkeitsstörung) begangen.
  • Es besteht die begründete Befürchtung, dass der Täter auf Grund seiner Abartigkeit wieder eine mit Strafe bedrohte Handlung begehen wird, die mit schweren Folgen verbunden ist (Prognose der Gefährlichkeit).


  • Ziel: Behandlung der psychischen Störung, um die Gefährlichkeit abzubauen und die Wiedereingliederung zu ermöglichen.
  • Unterbringung: In speziellen Abteilungen oder Anstalten für geistig abnorme Rechtsbrecher (z.B. forensisch-therapeutische Zentren).


2. Unterbringung in einer Anstalt für entwöhnungsbedürftige Rechtsbrecher (§ 22 StGB)

  • Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung.
  • Die Tat wurde im Zusammenhang mit einer Suchtmittelabhängigkeit begangen oder war durch diese bedingt (z.B. Beschaffungskriminalität, Taten unter Drogeneinfluss).
  • Es besteht die begründete Befürchtung, dass der Täter auf Grund seiner Sucht wieder eine mit Strafe bedrohte Handlung begehen wird (Prognose der Gefährlichkeit).
  • Die Sucht muss so schwerwiegend sein, dass eine Behandlung nur in einer solchen Anstalt erfolgversprechend ist.


  • Ziel: Entwöhnung von der Sucht und Behandlung der zugrunde liegenden Problematik, um die suchtspezifische Gefährlichkeit abzubauen.
  • Unterbringung: In speziellen Anstalten für entwöhnungsbedürftige Rechtsbrecher.


3. Unterbringung in einer Anstalt für gefährliche Rückfalltäter (§ 23 StGB)

  • Der Täter hat bereits zweimal wegen einer vorsätzlichen Straftat eine Freiheitsstrafe verbüßt, die jeweils länger als ein Jahr war.
  • Es besteht die begründete Befürchtung, dass der Täter auf Grund seiner Veranlagung wieder eine schwere mit Strafe bedrohte Handlung begehen wird (Prognose der Gefährlichkeit). Die Prognose muss sich auf eine Tat mit mehr als einjähriger Strafdrohung beziehen.
  • Diese Maßnahme ist seltener und betrifft hochgefährliche, wiederholt straffällig gewordene Personen.


  • Ziel: Schutz der Allgemeinheit vor weiteren schweren Straftaten des Täters, gegebenenfalls auch durch Behandlung von Deliktursachen.
  • Unterbringung: In speziellen Abteilungen für gefährliche Rückfalltäter.


III. Charakteristika des Maßnahmenvollzugs

1. Keine Befristung – Abhängigkeit von der Gefährlichkeit

Im Gegensatz zur Freiheitsstrafe ist der Maßnahmenvollzug nicht zeitlich befristet. Die Unterbringung dauert so lange an, wie die Voraussetzungen für die Anordnung (insbesondere die Gefährlichkeit) gegeben sind.

Das Gericht prüft die Notwendigkeit der Unterbringung in regelmäßigen Intervallen (§ 38a MVollzG).

2. Fokus auf Behandlung und Sicherung

Der zentrale Fokus liegt auf der Behandlung der zugrunde liegenden Ursachen der Gefährlichkeit (psychische Krankheit, Sucht, Veranlagung).

Gleichzeitig steht der Sicherungsaspekt im Vordergrund, um die Allgemeinheit vor weiteren Straftaten zu schützen.

3. Trennung vom Strafvollzug (aber oft in derselben Anstalt)

Der Maßnahmenvollzug ist rechtlich vom Strafvollzug getrennt, auch wenn die Unterbringung oft in denselben Justizanstalten, aber in gesonderten Abteilungen erfolgt.

Wenn sowohl eine Freiheitsstrafe als auch eine Maßnahme verhängt werden, wird in der Regel zuerst die Freiheitsstrafe vollzogen und anschließend die Maßnahme.

4. Interdisziplinäre Betreuung

Die Betreuung im Maßnahmenvollzug erfolgt durch ein interdisziplinäres Team bestehend aus Psychiatern, Psychologen, Therapeuten, Sozialarbeitern, Pflegepersonal und Justizwachebeamten.

IV. Entlassung aus dem Maßnahmenvollzug

Die Entlassung aus dem Maßnahmenvollzug erfolgt, wenn die Voraussetzungen für die Anordnung nicht mehr vorliegen, insbesondere wenn die Gefährlichkeit abgeklungen ist.

1. Regelmäßige Überprüfung durch das Gericht (§ 38a MVollzG)

Das zuständige Gericht prüft von Amts wegen in gesetzlich festgelegten Intervallen (z.B. jährlich, zweijährlich, dreijährlich, je nach Maßnahme), ob die Unterbringung noch notwendig ist.

Grundlage sind umfassende Gutachten von Sachverständigen (Psychiater, Psychologen, Suchtfachleute) und Berichte der Anstalt über den Therapieverlauf und das Verhalten des Untergebrachten.

Die Überprüfungsintervalle für die jeweilige Maßnahme ist in Abschnitt V. dargestellt.

2. Bedingte Entlassung aus dem Maßnahmenvollzug (§ 35 MVollzG)

Das Gericht kann die Unterbringung bedingt aufheben, wenn die Gefährlichkeit zwar noch nicht völlig abgeklungen ist, aber angenommen werden kann, dass der Untergebrachte sich in Freiheit unter Auflagen und Weisungen sowie mit Bewährungshilfe bewähren wird.

Dies dient einer schrittweisen und kontrollierten Wiedereingliederung.

Bei Verstößen gegen Auflagen oder neuen Straftaten kann die bedingte Entlassung widerrufen und der Betroffene wieder in den Maßnahmenvollzug eingewiesen werden.


V. Überprüfungsintervalle im Maßnahmenvollzug (§ 38a MVollzG)

​Die Notwendigkeit der Unterbringung im Maßnahmenvollzug wird vom Gericht in regelmäßigen Abständen überprüft. Die Dauer dieser Intervalle hängt von der Art der angeordneten Maßnahme ab.

1. Unterbringung bei geistig abnormen Rechtsbrechern (§ 21 StGB) und in einem forensisch-therapeutischen Zentrum (§ 24 StGB):

Erste Überprüfung (nach Rechtskraft der Entscheidung): Spätestens 1 Jahr.

Zweite Überprüfung: Spätestens 2 Jahre nach der ersten Überprüfung.

Jede weitere Überprüfung: Spätestens 3 Jahre nach der jeweils vorangegangenen Überprüfung.

2. Unterbringung bei entwöhnungsbedürftigen Rechtsbrechern (§ 22 StGB):

Erste Überprüfung (nach Rechtskraft der Entscheidung): Spätestens 6 Monate.

Jede weitere Überprüfung: Spätestens 1 Jahr nach der jeweils vorangegangenen Überprüfung.

3. Unterbringung bei gefährlichen Rückfalltätern (§ 23 StGB):

Erste Überprüfung (nach Rechtskraft der Entscheidung): Spätestens 1 Jahr.

Jede weitere Überprüfung: Spätestens 2 Jahre nach der jeweils vorangegangenen Überprüfung.

VI. Kritik und Reformbestrebungen

Der Maßnahmenvollzug steht immer wieder in der Kritik, insbesondere wegen:

  • Unbefristeter Dauer: Die fehlende Befristung kann als unverhältnismäßig empfunden werden, wenn die Gefährlichkeitsprognose unsicher ist.
  • Therapiemängel: Mangelnde Therapieangebote oder fehlende Plätze können zu einer Verlängerung der Unterbringung führen.
  • Gefährlichkeitsprognosen: Die Einschätzung zukünftiger Gefährlichkeit ist komplex und fehleranfällig.


Als Reaktion auf diese Kritik wurden in Österreich Reformen beschlossen, die ab dem 1. September 2025 in Kraft treten. Diese zielen darauf ab, die Qualität der Betreuung zu verbessern, die Entlassungsvorbereitung zu optimieren und die Rechtssicherheit für die Untergebrachten zu erhöhen. Dazu gehören unter anderem klarere Regelungen zur Behandlung und zur bedingten Entlassung.

VII. Gesetzliche Grundlagen (Auszug)

Strafgesetzbuch (StGB)

§ 21 StGB – Geistig abnorme Rechtsbrecher

(1) Handelt jemand im Zustand einer geistigen oder seelischen Abartigkeit höheren Grades, die nicht bloß vorübergehend ist, und begeht er eine mit Strafe bedrohte Handlung, die mit Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr bedroht ist, so ist er, wenn nach seiner Person, dem Zustand und der Art der Tat zu befürchten ist, dass er eine mit schweren Folgen verbundene mit Strafe bedrohte Handlung begehen werde, in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher unterzubringen.

§ 22 StGB – Entwöhnungsbedürftige Rechtsbrecher

(1) Wer eine mit Strafe bedrohte Handlung begeht, die in Zusammenhang mit einer Suchtmittelabhängigkeit steht, und bei wem nach seiner Person und der Art der Tat zu befürchten ist, dass er wegen seiner Suchtmittelabhängigkeit wieder eine mit Strafe bedrohte Handlung begehen werde, ist in einer Anstalt für entwöhnungsbedürftige Rechtsbrecher unterzubringen, wenn eine solche Behandlung außerhalb der Anstalt nicht zweckmäßig ist.

§ 23 StGB – Gefährliche Rückfalltäter

(1) Wer bereits zweimal wegen vorsätzlicher Taten zu einer Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr verurteilt worden ist und bei wem nach seiner Person und der Art der Taten zu befürchten ist, dass er wieder eine mit mehr als einjähriger Freiheitsstrafe bedrohte vorsätzliche Tat begehen werde, ist in einer Anstalt für gefährliche Rückfalltäter unterzubringen.

Maßnahmenvollzugsgesetz (MVollzG)

§ 30 MVollzG – Grundsatz der Aufhebung der Unterbringung

Die Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher, entwöhnungsbedürftige Rechtsbrecher oder gefährliche Rückfalltäter ist aufzuheben, sobald die Voraussetzungen für ihre Anordnung nicht mehr vorliegen.

§ 31 MVollzG – Aufhebung der Unterbringung gemäß § 21 StGB

Die Unterbringung gemäß § 21 StGB ist aufzuheben, sobald der Untergebrachte nicht mehr gefährlich ist oder die geistige Abartigkeit geheilt oder so weit gebessert ist, dass mit der Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung nicht mehr zu rechnen ist.

§ 31a MVollzG – Aufhebung der Unterbringung gemäß § 24 StGB (Forensisch-therapeutisches Zentrum)

Die Unterbringung gemäß § 24 StGB ist aufzuheben, sobald die Voraussetzungen für ihre Anordnung nicht mehr vorliegen. (Ähnliche Kriterien wie § 31 MVollzG, angepasst an die spezifische Störung)

§ 32 MVollzG – Aufhebung der Unterbringung gemäß § 22 StGB

Die Unterbringung gemäß § 22 StGB ist aufzuheben, sobald die Abhängigkeit von Suchtmitteln geheilt oder so weit gebessert ist, dass mit der Begehung einer strafbaren Handlung im Zusammenhang mit der Sucht nicht mehr zu rechnen ist und der Untergebrachte nicht mehr gefährlich ist.

§ 33 MVollzG – Aufhebung der Unterbringung gemäß § 23 StGB

Die Unterbringung gemäß § 23 StGB ist aufzuheben, sobald nicht mehr zu befürchten ist, dass der Täter weitere schwere Straftaten begehen wird.

§ 35 MVollzG – Bedingte Entlassung aus dem Maßnahmenvollzug

(1) Das Gericht kann die Unterbringung bedingt aufheben, wenn anzunehmen ist, dass sich der Untergebrachte in Freiheit bewähren wird, obwohl die Voraussetzungen für eine endgültige Aufhebung noch nicht vorliegen.

(2) Es sind Weisungen zu erteilen und ein Bewährungshelfer beizugeben.

§ 36 MVollzG – Weisungen bei bedingter Entlassung

(1) Das Gericht kann Weisungen erteilen, die der Förderung der Behandlung, der Wiedereingliederung oder dem Schutz der Allgemeinheit dienen.

§ 37 MVollzG – Bewährungshilfe bei bedingter Entlassung

(1) Dem bedingt Entlassenen ist für die Dauer der Bewährungszeit ein Bewährungshelfer beizugeben.

§ 38 MVollzG – Widerruf der bedingten Entlassung

(1) Das Gericht hat die bedingte Entlassung zu widerrufen, wenn der Entlassene während der Bewährungszeit eine mit Strafe bedrohte Handlung begeht oder gegen erteilte Weisungen gröblich oder beharrlich verstößt.

§ 38a MVollzG – Regelmäßige Überprüfung der Unterbringung

(1) Das Gericht hat von Amts wegen in regelmäßigen Abständen zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Aufrechterhaltung der Unterbringung noch vorliegen. Die Fristen sind im Gesetz detailliert geregelt.


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