Fußfessel
Hausarrest mit Fußfessel (Elektronisch überwachter Hausarrest - eUH) in Österreich – NEUE REGELUNGEN ab 1. September 2025
Die informationen beziehen sich auf umfassende Reformen im Bereich des Straf- und Maßnahmenvollzugs in Planung und teilweise bereits beschlossen, die ab dem 1. September 2025 in Kraft getreten sind. Diese Änderungen sind im Strafvollzugsgesetz (StVG) und im Maßnahmenvollzugsgesetz (MVollzG) vorgesehen.
Der elektronisch überwachte Hausarrest (eUH) ist eine Form des Strafvollzugs, bei der eine verurteilte Person ihre Freiheitsstrafe statt in einer Justizanstalt in ihrer privaten Wohnung verbüßt. Die Einhaltung der Auflagen und die Anwesenheit zu Hause werden dabei mittels elektronischer Überwachung (Fußfessel) kontrolliert. Die geplanten Änderungen ab dem 1. September 2025 sollen den eUH erweitern und flexibler gestalten, um die Resozialisierung noch stärker zu fördern und unnötige Haft zu vermeiden.
I. Gesetzliche Grundlagen
Die rechtlichen Grundlagen für den elektronisch überwachten Hausarrest finden sich weiterhin hauptsächlich im Strafvollzugsgesetz (StVG), insbesondere in den §§ 150 bis 150g StVG, die durch die Reformen umfassend geändert und ergänzt werden.
II. NEUE Voraussetzungen für den eUH (ab 01.09.2025)
Die Reform führt zu einer deutlichen Erweiterung des Anwendungsbereichs und einer Flexibilisierung der Voraussetzungen.
1. Art der Strafe und Haftdauer
- Erweiterte Obergrenze: Die Strafe oder der noch zu verbüßende Rest der Strafe darf künftig fünf Jahre nicht übersteigen (bisher drei Jahre). Dies ist eine der zentralen und bedeutsamsten Änderungen.
- Strafen unter drei Monaten: Bei Strafen von unter drei Monaten soll der eUH künftig der Regelfall sein, sofern die weiteren Voraussetzungen erfüllt sind und keine schwerwiegenden Gründe dagegen sprechen. Dies zielt darauf ab, Kurzstrafen außerhalb des Anstaltsvollzugs abzuwickeln.
- Ausnahmen für bestimmte Delikte: Nach wie vor sind bestimmte Delikte wie schwere Sexual- oder Gewaltdelikte in der Regel vom eUH ausgeschlossen, es sei denn, eine besondere Ungefährlichkeit kann nachgewiesen werden. Dies wird im Einzelfall geprüft.
- Nicht geeignet: Unverändert nicht zulässig ist der eUH bei Geldstrafen, die in Ersatzfreiheitsstrafen umgewandelt wurden, oder bei Maßnahmen des Maßnahmenvollzugs.
2. Persönliche Eignung und Prognose
- Keine Fluchtgefahr: Es darf keine Fluchtgefahr bestehen.
- Keine Gefahr weiterer Straftaten: Es muss die begründete Annahme bestehen, dass der Verurteilte während des eUH keine weiteren strafbaren Handlungen begehen wird. Die Gefährlichkeit für die Allgemeinheit muss gering sein.
- Angemessenheit: Der eUH muss zur Resozialisierung des Verurteilten beitragen und darf nicht unangemessen sein.
- Bereitschaft: Der Verurteilte muss sich ernsthaft mit seiner Tat auseinandergesetzt und Bereitschaft zur Wiedereingliederung gezeigt haben.
3. Zustimmung und Geeignetheit der Wohnung
- Zustimmung des Verurteilten: Der Verurteilte muss dem eUH zustimmen.
- Geeignete Wohnung: Es muss eine geeignete Wohnung vorhanden sein, in der die Überwachung technisch umgesetzt werden kann.
- Zustimmung aller Mitbewohner: Wenn andere Personen im selben Haushalt leben, müssen auch diese dem eUH schriftlich zustimmen. Diese Voraussetzung bleibt bestehen.
4. Beschäftigung oder andere Tagesstruktur
* Diese Voraussetzung bleibt bestehen: Der Verurteilte muss weiterhin eine sinnvolle Tagesstruktur nachweisen (z.B. Arbeitsverhältnis, Ausbildung, Betreuungspflichten, Therapien oder andere förderliche Tätigkeiten außerhalb der Wohnung).
III. Verfahren zur Beantragung und Entscheidung
- Antrag: Der Verurteilte kann den eUH beim zuständigen Gericht beantragen.
- Prüfung durch die Justizanstalt und Entscheidung: Das Gericht beauftragt die Justizanstalt mit der Prüfung der Voraussetzungen und der Erstellung eines umfassenden Berichts. Die Justizanstalt prüft auch die technische Umsetzbarkeit der Überwachung. Das Gericht entscheidet aufgrund dieses Berichts und gegebenenfalls weiterer Stellungnahmen über den Antrag.
- "Anrechnung der ersten Tage": Eine wichtige Neuerung ist, dass die ersten Tage der Überprüfung, während derer die Verurteilten oft schon in der Anstalt sind, künftig als Haftzeit angerechnet werden können, wenn der eUH anschließend bewilligt wird. Dies soll Wartezeiten für den Beginn des eUH überbrücken.
IV. Durchführung des eUH und Auflagen
1. Die "Fußfessel"
Die elektronische Überwachung mittels Transponder und Basiseinheit bleibt das zentrale Element zur Kontrolle der Anwesenheit und der Einhaltung von Zeitfenstern.
2. Bewegungszeiten und Kontrollen (NEU ab 01.09.2025)
- Flexiblere Gestaltung: Es sind künftig flexiblere Regelungen für die Bewegungszeiten außerhalb der Wohnung vorgesehen. Statt nur strikt an Arbeit oder Therapie gebundene Zeiten, soll es auch die Möglichkeit für begrenzte, freie Ausgänge geben, die der sozialen Integration dienen (z.B. für Einkäufe, soziale Kontakte). Dies muss individuell festgelegt und genehmigt werden.
- Unangekündigte Kontrollen: Unangekündigte Kontrollen durch Justizbeamte bleiben bestehen.
- Alkohol- und Drogenkonsum: Das Verbot von Alkohol- und Drogenkonsum bleibt bestehen und wird weiterhin durch Stichproben kontrolliert.
3. Auflagen und Weisungen
Das Gericht kann dem Verurteilten weiterhin Auflagen und Weisungen erteilen, die der Resozialisierung und dem Schutz der Allgemeinheit dienen.
V. Beendigung und Widerruf des eUH
1. Reguläre Beendigung
Der eUH endet, sobald die verhängte Freiheitsstrafe vollständig verbüßt ist.
2. Widerruf
Die Gründe für einen Widerruf bleiben im Wesentlichen gleich:
- Grobe oder beharrliche Verstöße gegen Auflagen oder Weisungen.
- Begehung einer neuen Straftat.
- Manipulation oder Beschädigung der elektronischen Überwachung.
- Wegfall der Voraussetzungen für den eUH.
VI. Ziele und Vorteile des eUH (mit Bezug zu den Neuerungen)
- Stärkere Resozialisierung: Die Erweiterung der Strafobergrenze auf fünf Jahre und die flexibleren Ausgangsregelungen sollen noch mehr Personen die Möglichkeit geben, ihre Strafe unter besseren Bedingungen zur Wiedereingliederung zu verbüßen.
- Vermeidung von Vollzugsschäden: Besonders bei Kurzstrafen unter drei Monaten wird der eUH als Regelfall dazu beitragen, die negativen Auswirkungen des Gefängnisaufenthalts (Entfremdung von Familie und Arbeit, Kriminalisierung) zu minimieren.
- Entlastung der Justizanstalten: Die Erweiterung des eUH wird auch dazu beitragen, die Belegung der Justizanstalten zu reduzieren.
- Kostenersparnis: Der eUH bleibt eine kostengünstigere Vollzugsform.
- Opferschutz: Durch Auflagen und Weisungen kann auch dem Opferschutz Rechnung getragen werden.
VII. Gesetzliche Grundlagen (Auszug aus den NEUEN StVG-Bestimmungen ab 01.09.2025)
Strafvollzugsgesetz (StVG)
§ 150 StVG – Elektronisch überwachter Vollzug
(1) Eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder der Rest einer Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren kann unter Verwendung technischer Mittel zur elektronischen Überwachung im elektronisch überwachten Vollzug vollzogen werden, wenn
1. der Verurteilte zustimmt,
2. die Vollzugsbehörde annimmt, dass der Verurteilte keine weiteren strafbaren Handlungen begehen wird und die Vollziehung im elektronisch überwachten Vollzug zur Resozialisierung des Verurteilten beiträgt und nicht unangemessen ist,
3. der Verurteilte über eine für die Vollziehung im elektronisch überwachten Vollzug geeignete Wohnung verfügt und alle in dieser Wohnung dauerhaft lebenden Personen schriftlich zustimmen, und
4. der Verurteilte während des elektronisch überwachten Vollzugs eine bestimmte Beschäftigung ausüben, eine Ausbildung absolvieren, Betreuungspflichten wahrnehmen oder an Therapien teilnehmen wird oder aus sonstigen Gründen eine sinnvolle Tagesstruktur besteht.
(2) Bei einer Freiheitsstrafe, deren Dauer drei Monate nicht übersteigt, ist der elektronisch überwachter Vollzug anzuordnen, wenn die Voraussetzungen des Abs. 1 vorliegen und keine schwerwiegenden Gründe entgegenstehen.
(3) Der elektronisch überwachter Vollzug darf nicht angeordnet werden, wenn Grund zur Annahme besteht, dass der Verurteilte flüchtig gehen oder die technische Einrichtung manipulieren wird oder wenn die Sicherheit der technischen Einrichtung nicht gewährleistet werden kann. (Hinweis: Weitere spezifische Ausschlüsse für bestimmte Delikte können hier ergänzt sein.)
§ 150a StVG – Anordnung und Durchführung
(1) Der elektronisch überwachte Vollzug wird von der Vollzugsbehörde nach Anhörung des Verurteilten durch Beschluss angeordnet.
(2) Das Gericht kann dem Verurteilten Weisungen erteilen, die der Resozialisierung oder dem Schutz der Allgemeinheit dienen.
§ 150b StVG – Überwachung
(1) Die Einhaltung der Auflagen und Weisungen sowie der Bewegungseinschränkungen wird mittels elektronischer Überwachung festgestellt.
(2) Es kann eine Fernüberwachung und unangekündigte Kontrollen in der Wohnung oder an anderen Orten, die der Verurteilte aufsuchen darf, durchgeführt werden.
§ 150c StVG – Widerruf
(1) Der elektronisch überwachter Vollzug ist zu widerrufen, wenn
1. der Verurteilte gegen die Anordnung oder eine Weisung gröblich oder beharrlich verstößt,
2. der Verurteilte die elektronische Überwachungseinrichtung manipuliert oder zerstört,
3. der Verurteilte eine strafbare Handlung begeht, oder
4. die Voraussetzungen für die Anordnung des elektronisch überwachten Vollzugs wegfallen.
§ 150d StVG – Kostenbeitrag
(1) Der Verurteilte hat einen angemessenen Kostenbeitrag für den elektronisch überwachten Vollzug zu leisten.
§ 150e StVG – Dauer
(1) Die Dauer des elektronisch überwachten Vollzugs ist auf die Dauer der zu verbüßenden Freiheitsstrafe oder des Restes der Freiheitsstrafe begrenzt.